Prof. Dr. Stefan Bendlinger, Senior Partner, ICON Wirtschaftstreuhand GmbH
Warum sind Sie bei den Tax Tech Awards dabei?
Seit Mitte 2020 sind Steuerberater und Unternehmer im Rahmen des EU-Meldepflichtgesetzes dazu angehalten, bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen an das BMF zu melden. Diese Anzeigepflicht musste aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben (DAC 6) umgesetzt werden und dient dem Informationsaustausch innerhalb der EU. Den Mitgliedsstaaten soll es dadurch ermöglicht werden, durch legistische Maßnahmen auf Gesetzeslücken zu reagieren, zielgerichtete Prüfungshandlungen zu setzen und Steuerpflichtige von „unerwünschten“ Steuerplanungsszenarien abzuhalten. Versäumnisse sind mit empfindlichen Finanzstrafen bedroht. Die Komplexität der Regelungen, verbunden mit der für Unternehmen und Steuerberater verbundenen Verpflichtung, eine DAC6-Analyse in ihr internes Kontrollsystem zu übernehmen, haben uns dazu veranlasst, den ICON.DAC6 Manager zu entwickeln. Ein webbasiertes, einfach zu bedienendes Werkzeug, das es auch dem Nicht-Steuerexperten ermöglicht, eine effiziente und dokumentierte Betroffenheitsanalyse vorzunehmen. Wir freuen uns darüber, dass der ICON DAC6 Manager 2021 in der Kategorie „Das beste Tax Tech Projekt“ nominiert worden ist.
Warum ist Digitalisierung im Tax Bereich wichtig?
Der digitale Wandel hat längst schon – und nicht nur COVID-19-bedingt – die Steuerberatung erfasst. Es geht nicht mehr nur darum, Unternehmen rechtsrichtig zu beraten, sondern gemeinsam Systeme zu schaffen, die durch die Digitalisierung innerbetrieblicher Prozesse eine effiziente und automatisierte „Tax Compliance“ ermöglichen. Sei es in den Bereichen Umsatzsteuer, Zoll, in Zusammenhang mit Verrechnungspreisen, der Einbehaltung und Abfuhr von Quellensteuern oder Anzeige- und Berichtspflichten. Es besteht allerdings noch erheblicher Handlungsbedarf. So hat die EU festgestellt, dass bei KMUs im Steuerbereich die Befolgungskosten etwa 30 % (!) der gezahlten Steuern ausmachen.
Do’s und Don’ts bei der Digitalisierung im Tax Bereich
- Digitalisierung im Steuerbereich darf nicht zum Selbstzweck werden.
- Die digitale Umsetzung traditioneller Konzepte und die Entwicklung von Tools binden erheblichen zeitliche und finanzielle Ressourcen.
- Manchmal ist es auch einfacher, sich der am Markt erhältlichen Tools zu bedienen.
- Es muss immer geprüft werden, welche Lösungen die Steuerberatungskanzlei wirklich braucht und was seinem Mandanten tatsächlich Nutzen stiftet.
- Innerhalb des Unternehmens muss auch ein gemeinsames Verständnis über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit einer digitalen Veränderung bestehen, um Widerstände zu vermeiden, Vertrauen und Motivation zu schaffen und sicherzustellen, dass die digitalen Lösungen innerbetrieblich konsequent und effektiv umgesetzt werden.
Welche Entwicklungen sehen Sie in den nächsten 5 – 10 Jahren auf uns zukommen?
Das Berufsbild des Steuerberaters wird sich vom „Helfer in Steuersachen“ hin zum Systemberater entwickeln. Vom Steuerberater der Zukunft wird deshalb nicht nur fachliches Wissen im nationalen, internationalen und europäischen Steuerrecht gefordert werden, sondern in gleicher Weise eine Vertrautheit mit technologischen Prozessen und Handlungsabläufen. Entsprechend ausgebildete Mitarbeiter zu gewinnen, ist eine der größten Herausforderungen, vor der unsere Berufsstand schon jetzt steht.
Was ist ihr berufliches Motto?
Wer Spaß an dem hat was er tut, macht seine Arbeit auch richtig.