[speaker name=“Thomas Stefan Wurst“]

Eine gute Freundin bekam unlängst per Post eine Rechnung über eine Tischler-Arbeit zugeschickt, die der Handwerker bereits vor rund 3 Jahren ausgeführt hat – Wohlgemerkt, keine Mahnung, sondern eine Rechnung. Der Tischler hatte offenbar schlicht und ergreifend auf die Fakturierung vergessen. Eingefordert wurde die Zahlung nicht vom Tischler selbst, sondern vom Masseverwalter. Der Handwerker war nämlich mittlerweile in die Insolvenz geschlittert. Schuld daran war natürlich nicht die ausständige Kleinbetragsrechnung, sondern es gab mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Gründe. Womöglich war die vergessene Rechnung auch kein Einzelfall. Wir wissen es nicht.

 

Ein Zahnrad greift ins andere

Diese Begebenheit ist ein gutes Beispiel dafür, dass von der Leistungserbringung eines Unternehmens bis zur Erstellung des Jahresabschlusses eine Reihe von Fehlerquellen im Rechnungswesen lauert. Oft passieren diese Fehler bereits im Vorfeld der Buchhaltungsarbeiten, denn eine Kette ist bekanntlich nur so stark, wie ihr schwächstes Glied. Das heißt, selbst den talentiertesten Handwerkern oder den kundenfreundlichsten und kompetentesten Dienstleistern können systematische und lang andauernde Fehler im Rechnungswesen die Existenz kosten. Und selbst die besten Buchhalter sind machtlos, wenn sie von ihren Klienten keinerlei Unterlagen zu einem Geschäftsfall bekommen.

 

Der Grund warum im Vorfeld Fehler passieren können, ist naheliegend und menschlich durchaus verständlich: Tischler, Bäcker oder Blumenhändler sind zwar Profis in ihrem Metier, aber nur selten auch Rechnungswesen-Experten. Zudem fehlt vielfach auch die Zeit dafür. Bei KMU oder EPU werden Vorarbeiten, wie etwa die Fakturierung, das Mahnwesen oder die Ablage der Belege, daher oft von internen Büromitarbeitern oder den Unternehmern selbst vorgenommen. Die eigentlichen Buchhaltungsaufgaben werden aber an externe Buchhalter oder Bilanzbuchhalter ausgelagert. Ein Weg, der sich in Österreich seit Jahrzehnten bewährt hat.

 

Belege in Schuhschachteln

In der Praxis bekommt unsere Berufsgruppe die Rechnungsbelege manchmal recht ungeordnet übermittelt bzw. sogar in Schuhschachteln überreicht. Das ist durchaus in Ordnung, aber dadurch verbringen wir natürlich die erste Zeit damit, Belege den entsprechenden Geschäftsfällen zuzuordnen. Unsere Berufsgruppe geht sehr flexibel an solche und ähnliche Herausforderungen heran, aber den Kunden entstehen durch diesen Arbeitsaufwand natürlich Zusatzkosten.

 

Umfassende digitale Lösungen für das Rechnungswesen

Wenn wir von Digitalisierung des Rechnungswesens sprechen, brauchen wir daher umfassende Lösungen, die all diese Arbeitsschritte – und natürlich auch potenzielle Fehlerquellen – berücksichtigen. Wenn beispielweise Klienten ihre Rechnungen selbst einscannen und mittels spezieller Software automatisiert an uns übermitteln, dann ist das natürlich ein Fortschritt. Im Falle einer Steuerprüfung müssen allerdings die Originalbelege vorgewiesen werden, was dann erst wieder ein Stöbern in Papierbergen erforderlich macht.

 

Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung

Als Berufsgruppensprecher der Wiener Buchhaltungsberufe – sprich der Personalverrechner, Buchhalter und Bilanzbuchhalter – möchte ich festhalten, dass wir die Optimierung der Abläufe durch Digitalisierung nicht fürchten, sondern ausdrücklich begrüßen. Im Rahmen von Zukunftsgesprächen in der UBIT Wien haben wir unlängst die Herausforderungen thematisiert. Es herrscht Konsens, dass sich unsere Branche künftig noch stärker mit der Digitalisierung, Automatisierung und Qualitätssicherung beschäftigen wird. Im Sinne unserer Klienten können wir uns dadurch künftig noch stärker darauf konzentrieren, ihnen die nötigen Daten für die Unternehmenssteuerung bereitzustellen und ihnen bei der Interpretation der Kennzahlen zu helfen.

 

Damit permanent eine optimale Betreuung gewährleistet ist, unterliegen Bilanzbuchhalter einer laufenden Fortbildungsverpflichtung. Wir müssen den Bilanzbuchhaltungsbehörden pro Jahr mindestens 30 Lehreinheiten an facheinschlägiger Weiterbildung nachweisen. Die Wiener Wirtschaftskammer Fachgruppe UBIT bietet ihren Mitgliedern im Rahmen sogenannter „Club BH“ laufend kostenlose Weiterbildungsveranstaltungen an, die auf hohe Akzeptanz stoßen.

 

Die Macht Unternehmen zum Erfolg zu führen

Wie wichtig eine permanente Weiterbildung ist, hat auch die aktuelle Covid-19-Krise gezeigt, als (gefühlt) nahezu täglich neue Verordnungen und Gesetze beschlossen worden sind. „Wissen ist Macht“, besagt ein altes Sprichwort. Das heißt, uns Bilanzbuchhaltern kommt in Zukunft bei der Aufbereitung und Interpretation von Informationen für die Unternehmenssteuerung eine noch wichtigere Aufgabe zu. Wir haben das Know-how mithilfe modernster Technik und aktuellstem Fachwissen die Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu begleiten.