Auch Excel war einst revolutionär und Neuland und wie das eben so ist: die Erde dreht sich weiter. Was ist TaxTech wie haben echte TaxTech Tools in den letzten Jahren die Steuerberatung nachhaltig verändert und wie steht es um die Implementierung dieser Tools im Alltag? Im Interview mit Gregor Zorman, CEO & Founder von Imperion gehen wir diesen Fragen nach.

Herr Zorman, was bedeutet TaxTech denn überhaupt?

TaxTech ist eine neue Disziplin an der Schnittstelle zwischen Steuerwissenshaft und der Informatik. Sie beschäftigt sich mit der Anwendung von unterschiedlichen Technologien im Steuerbereich. Vor allem der Einsatz von neun Technologien in all jenen Bereichen der Steuerwissenschaft, die mit großen Mengen von unstrukturierten Daten und Zahlen zu tun haben. Durch der Einsatz von Technologie können wir uns Menschen zunehmend  von den administrativen und sehr zeit- und kostenintensiven Routentätigkeiten befreien, sodass auch die Kernkompetenz der Steuerberater wieder mehr nach Vordergrund rückt. Mi der enormen Zeit- und Kostenersparnissen schaffen wir auch mehr Raum für höherwertigere und wertschöpfendere Beratungsleistungen. Dies erhöht aber nicht nur die Zufriedenheit der Kunden sondern vor allem auch der eigenen Mitarbeiter.

Welche Veränderung in der Steuerberatung haben Sie in den letzten Jahren wahrgenommen?

Die digitale Evolution hat die Steuerberatung bereits voll im Griff und hat die digitale Umwandlung der Branche bereits eingeleitet. Alles, was mit Zahlen zu tun hat, wird digitalisiert, dann vernetzt und am Schluss automatisiert. Und die Steuerberatung als sehr zahlenlästige Branche ist davon sehr prädestiniert. Man sieht das sehr gut am Beispiel der Buchhaltung. Es gibt schon viele Softwarelösungen für die automatisierte Buchhaltung, unterstütz von künstlicher Intelligenz. Einige Geschäftsfelder der Steuerberater wie zB Reporting, Erfassung von Belegen etc. sind daher zum Teil bereits weggebrochen. Auch die Finanzverwaltung rüstet auf und zwingt dadurch nicht nur die Steuerpflichtige, sondern auch die Steuerberater zu elektronischen Lösungen. Mit der technologischen Ausrüstung ergeben sich für die Finanzverwaltung auch ganz neuen Möglichkeiten, zB die Betriebsprüfungen durchzuführen und die Fehler schneller zu erkennen. Wenn die Steuerberater technologisch nicht mietziehen, werden sie den Klienten nur sehr schwer gut beraten können. Die Klienten kennen auch schon sehr gut die Vorteile der Technologie und benötigen von ihrem Steuerberater auch mehr „Cunsulting“ im Beriech der Digitalisierung und Automatisierung der Unternehmensprozesse im Steuerbereich. Dadurch hat sich in den letzten Jahren auch ein ganz neues „Consulting“ Geschäftsfeld der Steuerberater entwickelt. Die Kunden fordern aber auch von ihren Steuerberatern die technologisierten Effizienzsteigerungen bei der Beratungsleistungen; je geringer die Wertschöpfung ist, umso schlechter ist das für die Kanzlei.

Wie haben TaxTech Tools und die Digitalisierung im generellen den Arbeitsalltag beeinflusst?

Maschinenunterstutzes Arbeiten hat schon sehr stark den Eingang in den Alltag gefunden.  Von den Mitarbeitern werden daher neben der steuerrechtlichen Expertise vermehrt auch die Kompetenzen in Bereich Prozessmanagement und hohe Affinität zu Informationstechnologie verlangt. Die Umstellung auf digitale Prozesse bei der Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Kunden reduziert signifikant der verwaltungstechnische Aufwand. Zum Beispiel können durch echtzeit Zugriff auf buchungsrelevante Informationen die abschlussrelevanten Arbeiten oder Prüfungen laufend erledigt werden. Die verstärkte Digitalisierung und Anwendung von TaxTools bieten den Mitarbeiter vor allem aber auch die Chancen, sich künftig mit anderen, anspruchsvolleren Aufgaben zu widmen, anstatt die gesamte Arbeitszeit für Routinearbeiten zu verwenden. 

Was war Ihr größtes Learning bei der Implementierung von TaxTech Tools? 

Es hat sich bestätigt, dass durch die Implementierung von den Tax-Tools, die Arbeitsbereiche, die davor für alle beteiligte eher sehr frustrierend waren, wieder mehr Spaß machen. Weil die Maschine die „frustrierende“ Tätigkeiten übernimmt und sich die Steuerexperten dadurch wieder mehr den spannenden Tätigkeiten, die mehr Spaß machen, widmen können. Und mit der Implementierung eines TaxTools hat sich immer extreme Skalierbarkeit eines TaxTools gezeigt, die man davor noch gar nicht wirklich geahnt hat. Wie Dominoeffekt zeigen sich plötzlich vollkommen neuen Anwendungsfälle des Tools oder sogar die neuen Geschäftsmodelle der Beratung, die ohne Technologie gar nicht möglich sind. Der Angst, dass wir unsere Arbeit durch die Anwendung der TaxTools verlieren ist daher (noch) unberechtigt. Nicht zuletzt auch deswegen, weil dem Menschen bzw dem Steuerexperten die Aufgabe, die Entscheidung und die Verantwortung für komplexere Sachverhalte zu übernehmen, noch immer überlassen bleiben; der Steuerexperte wird diese Entscheidungen weiterhin übernehmen müssen.

Abschließend, wo sehen Sie die größten Chancen und Herausforderungen? 

Die Steuerbereich hat bei der Digitalisierung noch enormes Aufholbedarf. Auf Grund des fachspezifischen Vokabulars, komplexen Regeln, großen Datenmengen und vielen repetitiven Routinetätigkeiten ergeben sich in der Steuerberatung enorme Potenziale. Die größte Herausforderung dabei ist, der richtige Mindset der Mitarbeiter zu schaffen. Die Mitarbeiter sind für die Generierung von Ideen die wichtigste Quelle. Sie sind nahe an den Prozessen, Leistungen und Kunden, kennen sie am besten und können so auch Verbesserungs- und Innovationspotenziale aufdecken. Dabei ist essentiell, dass die Mitarbeiter keine Angst vor Digitalisierung haben. Angst verhindert Innovationen. Es werden auch neue, branchenfremde Akteure wie StartUps in den Markt eintreten, die bestimmten spezialisierten Teilleistungen extrem effizient anbieten können. Sie sind mE die wichtigsten Treiber für die Digitale Disruption. Die Kooperation zwischen solchen kleinen innovativen StartUps und großen etablierten Steuerberatungskanzleien wird mE extrem an Bedeutung gewinnen und für alle Beteiligte skalierbare Vorteile bringen. Bei den etablierten Steuerberatungskanzleien wird diesbezüglich aber auch ein Umdenken notwendig. Nicht vergessen darf man dabei aber auch auf die Schaffung der entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anwendung von TaxTools. Hier geht es vor allem um die Fragen rund um die Haftung für die Programmierfehler oder die Fragen der Programmierbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen. Diese wichtigen Themen dürfen wir dabei nicht vernachlässigen.