Das unternehmensweite Änderungsprojekt S/4HANA stellt für die Steuerfunktion von Unternehmen eine einmalige Chance dar um mit passenden IT- und Prozesslösungen einen Wertbeitrag als Business Partner für die Gesamtorganisation zu leisten.

Mehrwert für die Steuerfunktion

Aufgrund der Einstellung des Supports von SAP ECC bedeutet S/4HANA für eine Vielzahl der heimischen Unternehmen eine Modernisierung des ERP-Systems bis 2027. Die neue Technologie bietet eine strukturierte und schnelle HANA-Datenbank auf welcher das neue, schlanke ERP S/4 aufsetzt.

Durch die Nutzung von Standardfunktionalitäten sowie von zusätzlichen steuerspezifischen Applikationen (z.B. SAP Tax Compliance, Advanced Compliance Reporting) kann so die Qualität von steuerrelevanten Daten in SAP aus der Steuerfunktion heraus sichergestellt werden. Für Unternehmenslenker:innen erbringt die Steuerfunktion damit mehrfach Vorteile.

  1. Sicherheit und Kostenersparnis durch Senkung der steuerlichen Compliance Risiken:
    Die Steuerfunktion erreicht durch die Nutzung von SAP S/4 Funktionalitäten ein wesentlich höheres Level an steuerlicher Compliance. D.h. Nachzahlungen und Strafen an den Fiskus werden vermindert.
  2. Zeitersparnis durch Effizienzsteigerung:
    Optimal aufgesetzte SAP S/4 Prozess- und Systemeinstellungen führen im Steuerbereich zu einer schnelleren Abgabe von Steuererklärungen.
  3. Optimierung des Cashflows:
    Durch einen vollständigen Einblick in steuerrelevante Daten und deren nutzerfreundliche Präsentation mittels SAP S/4 Funktionalitäten leistet die Steuerfunktion einen Beitrag zum positiven Liquiditätsmanagement.

Gelungenes Umsetzungsbeispiel aus der Praxis in 3 Schritten

In einem international tätigen Industrieunternehmen mit Sitz in Österreich wurden Rechnungen für bestimmte Geschäftsvorfälle in Millionenhöhe irrtümlicherweise falsch ohne österreichische Umsatzsteuer ausgestellt. Betroffen waren vor allem Reihengeschäfte, bei denen die Vertriebsgesellschaft beim Produktionswerk in Österreich Waren einkauft, die direkt an Kund:innen im Ausland verkauft wurden. Der Transport der Ware wurde vom Kunden veranlasst. Aufgrund falscher SAP-Systemeinstellungen wurde über fünf Jahre durchgängig fälschlicherweise automatisch steuerfrei statt steuerpflichtig in Österreich fakturiert. Erst bei einer routinemäßigen Stichprobenkontrolle durch das Finanzamt kam der Fehler ans Licht.

Folglich musste die Umsatzsteuer samt Strafen an den Fiskus nachbezahlt werden. Darüber hinaus stehen finanzstrafrechtliche Konsequenzen für das Management und allen operativ an der Umsatzsteuer mitwirkenden Personen im Raum.

Alle Beteiligten fragen sich, wie dieser Fehler hätte vermieden werden können.

Die Herausforderung besteht darin, dass sich das Zustandekommen der umsatzsteuerrelevanten SAP-Daten im System, als Basis für die Umsatzsteuererklärung, bis dato in einer Black Box für die Steuerfunktion abgespielt hat. Daher wird die Umsatzsteuer in drei Schritten transparent und griffig gemacht.

1. Schritt: Steuerliches Wissen

Als Basis ist ein tiefes steuerliches Wissen und die entsprechende Erfahrung im Umgang mit dem Recht notwendig, um eine korrekte umsatzsteuerliche Beurteilung von z.B. Reihengeschäften durchzuführen.

2. Schritt: Zugang zu Business Informationen

Ein tiefes steuerliches Wissen für sich allein ist für umsatzsteuerliche Compliance nicht ausreichend. Die Transparenz und der Zugang zu Business Informationen aus der Steuerfunktion heraus (d.h. z.B. welche Reihengeschäftskonstellationen vom Vertrieb tatsächlich durchgeführt werden) ist essenziell.

3. Schritt: Nutzung von SAP Daten & S/4 Technologie

Für die umsatzsteuerliche Compliance ist es wesentlich das steuerliche Wissen (z.B. wie beurteilt man Reihengeschäfte umsatzsteuerlich korrekt?) mit den Business Informationen (z.B. welche Reihengeschäfte liegen bei uns konkret vor?) zu verknüpfen. Das gelingt, indem die Steuerfunktion das passende IT-Handwerkszeug zur Verfügung hat um korrekte operative SAP Daten als Basis für die Umsatzsteuererklärung sicherzustellen.

Ein solches IT-Handwerkzeug kann eine State-of-the-Art datenbasierte Umsatzsteuer-Management Lösung auf Basis von S/4HANA-Technologie sein, welche Informationen zu den Geschäftsvorfällen, Systemprozessen und umsatzsteuerlichen Auffälligkeiten für die Steuerfunktion miteinander verknüpft, auswertet und nutzerfreundlich ausgibt.

Diese Transparenz erlaubt der Steuerfunktion sich auf die operativen SAP-Daten als Basis für die Umsatzsteuererklärung zu verlassen, nachhaltige Compliance effizient sicherzustellen und hohe Nachzahlungen samt Strafen zukünftig zu vermindern. 

Fazit

S/4HANA bietet für die Steuerfunktion eine einmalige Chance, um festgefahrene Prozesse und Vorgehensweisen zu überdenken. Bei erfolgreicher Implementierung hat die Steuerfunktion die Möglichkeit zu mehr Sicherheit, Kosten- und Zeitersparnis und einer Optimierung des Cashflows beizutragen. Notwendig ist dafür eine gute Informationsbasis und die frühzeitige Einbindung der Steuerfunktion am S/4HANA Gesamtprojekt.

Autoren

Susanne Machanek ist Director bei EY Österreich. Sie begleitet Unternehmen auf dem Weg zu mehr Sicherheit und Effizienz im Steuerbereich durch passgenaue IT- und Prozesslösungen im S/4HANA-Umfeld.

Christoph Brandstetter ist zertifizierter Digitalisierungsmanager in Steuer- und Rechnungswesen im bei EY Österreich. Sein Schwerpunkt umfasst Digitalisierungsinitiativen im Bereich der latenten Steuern und Steuerkontrollsystemen.