Taxtech Interview Lukas Schmid (InformerOnline) (Steuerberater & Digitalisierungsexperte)

  • Warum sind Sie bei den Tax Tech Awards dabei?

Ich habe mich mit Informer für die Tax Tech Awards registriert, da wir im Bereich der digitalen Buchhaltung sehr viel Pionierarbeit leisten. Wir haben ein System entwickelt, welches jedem Unternehmer ermöglicht seine Buchhaltung selbst in der Cloud zu führen. Verglichen mit anderen Lösungen am Markt, zeichnen wir uns allerdings dadurch aus deutlich schneller auf neue Trends zu reagieren und innovativer zu sein.
Beispielsweise sind wir das erste Cloud-Buchhaltungssystem weltweit mit einem integrierten Chatbot. Über diesen kann direkt mit der Buchhaltung kommuniziert werden, Informationen abgefragt werden und Belege übermittelt werden. Man kann sich das so vorstellen, dass man einen Beleg an seine Buchhaltung sendet, so als ob man einem Freund ein Selfie über Whatsapp schicken würde.
Außerdem waren wir die ersten am Markt die einen Echtzeit-Link zu einer Bank aufgebaut haben. Über diesen können Banktransaktionen in Echtzeit von der Bank in die Buchhaltung importiert werden. In Kombination mit dem vorhin erwähnten Chatbot wird hierüber das Ideal der Echtzeit-Buchhaltung bereits heute Realität.
Man stelle sich vor, man vereinbart mit einem potenziellen Geschäftspartner ein Geschäftsessen. Zahlt man die Rechnung anschließend mit seinem Geschätskonto, welches direkt mit InformerOnline verbunden ist, dann wird dieser Aufwand sofort über den direkten Link registriert. Dieser Aufwand wird anschließend von einem Chatbot erkannt, welcher dich über ein Messaging Tool wie Whatsapp noch an Ort und Stelle fragt ob du nicht den dazugehörigen Beleg abfotografieren und in der Buchhaltung ablegen möchtest. Dadurch erledigt sich die Buchhaltung quasi automatisch und ohne Zeitverzögerung nebenbei. Ja, so kann Echtzeit-Buchhaltung bereits heute aussehen und wir sind sehr Stolz darauf das erste System zu sein, welches dies in dieser Form ermöglicht. Natürlich gibt es abgesehen davon auch noch einige andere Innovationen die uns auszeichnen und uns geholfen haben groß zu werden.

  • Warum ist Digitalisierung im Tax Bereich wichtig?

Unsere Ursprünge als Unternehmen liegen in den Niederlanden. Da unser Gründer, Remco Frühauf, allerdings österreichische Wurzeln hat, sind wir bereits relativ früh in die Alpenrepublik expandiert.

Was Digitalisierung angeht, ist die Niederlande zusammen mit Skandinavien der absoluten Vorreiter auf europäischer Ebene. Der Markt für digitale Lösungen ist sehr kompetitiv und Unternehmen setzen hohe Ansprüche auf gute digitale Lösungen.

Hier ist Österreich leider noch deutlich rückschrittlich und hinkt klar hinterher. In Sachen Digitialisierung befinden wir uns hierzulande nur im Europäischen Mittelfeld und drohen abgehängt zu werden. Es muss sich also dringend etwas tun. Dies betrifft natürlich auch den Tax Bereich.

Worauf wir als Fintech Start-Up sehr stolz sind, ist die Tatsache, dass wir uns zusammen mit Interessensvertretern und Institutionen in unseren Zielmärkten dafür einsetzen die Digitalisierung voranzutreiben. Es ist uns ein wahres Anliegen Österreich dabei zu unterstützen in Sachen Digitalisierung im Tax Bereich an die europäische Spitze aufzuschließen. Natürlich erreichen wir bereits sehr viel in dieser Hinsicht über unsere eigene Software-Lösung, welche immer mehr heimischen Unternehmen und Steuerkanzleien den Schritt in die Digitalisierung ebnet. Wir treten zudem aber auch in den Diskurs mit österreichischen Gewerkschaften, Universitäten, dem Bund und der Politik um die nötigen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Buchhaltung und Steuerberatung zu schaffen. Dies tun wir aus der absoluten Überzeugung heraus, dass Österreich hier sehr viel von den Fortschritten und Errungenschaften der Niederlande lernen kann.
Auch das Bewusstsein für diverse Trends wie zum Beispiel die Vorteile einer verbreiteteren Nutzung von E-Rechnungen im österreichischen Markt möchten wir hierzulande stärken und haben auch erst kürzlich eine Studie mit der WKÖ und dem BRZ durchgeführt und bundesweit veröffentlich.

  • Do’s und Don’ts bei der Digitalisierung im Tax Bereich.


Etwas was wir sehr stark beobachten ist, dass die Digitalisierung im Tax Bereich hierzulande hauptsächlich Kanzlei-intern stattfindet. Steuerberater suchen also Wege ihre eigenen Abläufe zu digitalisieren, effizienter zu gestalten, Kosten zu sparen und dadurch ihren eigenen Deckungsbeitrag zu erhöhen. Selten erfährt hier allerdings der Unternehmer selbst einen spürbaren Mehrwert. Natürlich ermöglichen immer mehr Kanzleien ihren Klienten, Belege und Rechnungen digital einzureichen und nicht über die altbekannte Schuhbox. Das ist auch gut so und bietet dem Klienten etwas mehr Komfort.
Das Problem ist aber, dass dies meist zu keinerlei Kostenersparnis für den Unternehmer führt. Die Beratungsleistungen von Kanzleien bleiben nämlich oft auf einem gleich hohen Level wie zuvor. Steuerberater stört dies natürlich weniger, da sie dank Digitalisierung ihre Kanzlei-internen Kosten bei gleich bleibendem Stundensatz senken können und somit mehr Gewinn erwirtschaften.
Der Unternehmer hingegen schaut sehr oft durch die Finger und ist daher eher besser bedient, mit einem der günstigen digitalen Buchhaltungssysteme am Markt, seine Buchhaltung größtenteils selbst zu erledigen. Die Steuerberatungsleistung kann dieser sich bereits sehr preiswert einfach hinzubuchen und kommt am Ende deutlich günstiger davon.

Das Fazit: Der Fokus der Digitalisierung und tatsächliche Mehrwert muss beim Unternehmer selbst und nicht in der Steuerberatungskanzlei liegen.

  • Welche Entwicklungen sehen Sie in den nächsten 5 – 10 Jahren auf uns zukommen?

In den Niederlanden hat sich in den letzten 5 Jahren die Entwicklung in Sachen digitaler Buchhaltung in die Richtung bewegt, dass in etwa 50% aller Unternehmer heute ihre Buchhaltung selbständig in der Cloud erledigen. Dies mit einem digitalen Buchhaltungsprogramm wie dem unseren.
Wir erwarten, dass Österreich in den nächsten 5 Jahren eine ähnliche Entwicklung erleben wird.
Steuerberatungskanzleien und Bilanzbuchhalter sollten daher rasch auf den abfahrenden Zug aufspringen. Die Steuerberatung findet bei EPUs und KMUs künftig nämlich direkt in der Cloud-Software des Unternehmers statt und nicht mehr allzu viel in den Systemen der eigenen Kanzlei.

  • Was ist ihr berufliches Motto/Zitat? 

Wer aufgehört hat, besser zu werden, der hat aufgehört gut zu sein.